(Lem. XII, 586‑596)
Am 
22. Dezember 1876 erzählte Don Bosco vor der gesamten versammelten 
Hausgemeinschaft des Oratoriums diesen von allen mit größter Spannung erwarteten 
Traum, den er am 6. Dezember in Lanzo gehabt hatte. Unter freudigem 
Händeklatschen bestieg Don Bosco die Kanzel, und es herrschte größtes 
Stillschweigen, als er zu sprechen begann:
„Es 
war am Abend, als ich in Lanzo war. Zur Zeit des Schlafengehens befiel mich 
folgender Traum . . . Streicht davon ab, was ihr wollt; aber quod bonum est 
tenete – was gut ist, das behaltet, wie der heilige Paulus sagt.
Wenn 
ihr nun in diesem Traum etwas findet, das eurer Seele gut tun könnte, macht es 
euch zunutze. Wer nicht daran glauben will, der lasse es. Das macht nichts; aber 
keiner soll das, was ich sagen will, ins Lächerliche ziehen. Ich bitte euch 
noch, es nicht anderen zu erzählen, die nicht zum Hause gehören und auch nichts 
nach draußen zu schreiben. . . Meistens, wenn man den Traum draußen erzählt, 
kommt es zu Irrtümern und man erzählt nur einen unverstandenen Teil aus dem 
Zusammenhang. Dadurch entsteht Schaden und die Welt würde missachten, was nicht 
missachtet werden darf.
Ihr 
müsst wissen, dass die Träume im Schlaf kommen. Es war also in der Nacht vom 6. 
Dezember, in meinem Zimmer. Ich wusste nicht recht, ob ich las oder auf und ab 
ging oder schon zu Bett war, als ich zu träumen begann.
Es 
schien mir plötzlich, ich stände auf einer kleinen Anhöhe oder auf einem Hügel 
am Rande einer endlosen Ebene, deren Ende das Auge nicht erreichen konnte. Sie 
verlor sich ins Unendliche. Ganz hellblau war sie, wie ein Meer in voller Ruhe. 
Aber was ich sah, war kein Wasser. Sie glich klarem, leuchtendem Kristall. Unter 
meinen Füßen, hinter mir und zu beiden Seiten, sah ich ein Gebiet wie eine Küste 
am Rande eines Ozeans.
Breite 
und sehr lange Wege teilten diese Ebene in weite Parke von unbeschreiblicher 
Schönheit. Wäldchen wechselten mit großen Wiesen ab. Da waren auch Beete und 
Blumen in mannigfaltigen Formen und Farben. Keine unserer Pflanzen kann uns 
einen Eindruck davon vermitteln, obwohl sich gewisse Ähnlichkeiten feststellen 
ließen. Das Gras, die Blumen, Bäume und Früchte boten einen sehr lieblichen und 
einzigartigen Anblick. Die Blätter waren aus Gold, die Stämme und Stiele aus 
Diamanten und das übrige entsprach ähnlichem Reichtum. Man konnte die 
verschiedenen Arten der Pflanzen nicht zählen und jede Art und wiederum jede 
Einzelpflanze erglänzten in ihrem eigenen Lichterschein. Inmitten dieser Gärten 
und so weit die ganze Ebene reichte, sah ich viele Villen und Schlösschen in so 
guter Ordnung, Lieblichkeit und Harmonie, von solcher Pracht und Geräumigkeit, 
dass es mir schien, alle Kostbarkeiten der Erde würden nicht ausreichen, um auch 
nur ein solches Haus zu errichten. Ich sagte mir: Wenn meine Jungen nur eines 
dieser Häuser hätten, wie würden sie sich freuen und glücklich sein! Wie gerne 
würden sie dort wohnen! So dachte ich und konnte diese Paläste doch nur von 
außen betrachten. Welche Pracht mochte erst im Innern sein!
Während 
ich über diese vielen wunderbaren Dinge, die diese Gärten schmückten, staunte, 
erklang auf einmal eine sehr liebliche Musik. Ich kann solch angenehme und 
liebliche Melodien nicht annähernd schildern. Daneben verschwindet alle Musik 
von Don Cagliero und Don Dogliani. Es waren viele Tausende von Instrumenten und 
jedes unterschied sich von den anderen. Alle nur möglichen Töne durchströmten 
die Luft in Wogen von Musik. Dazu erklang der Gesang von Chören. Ich sah nun in 
den Gärten viele Leute, die sich froh und zufrieden bewegten. Manche spielten 
ein Instrument, andere sangen. Jede Stimme und jeder Klang hatte eine Wirkung, 
als wenn er von tausend Instrumenten zugleich käme und nichts davon war dem 
anderen gleich. Gleichzeitig hörte man die verschiedenen Töne der Tonleiter von 
den tiefsten bis zu den höchsten, die man sich nur vorstellen kann; aber alle in 
einem vollkommenen Zusammenklang. Ja, um diese Melodie und Harmonie zu 
beschreiben, genügen keine menschlichen Vergleiche.
An 
den Gesichtern dieser glücklichen Leute sah man, dass die Sänger nicht nur ein 
außerordentliches Vergnügen darin fanden zu singen, sondern gleichzeitig mit 
unendlicher Freude die anderen singen hörten. Je länger ich zuhörte, um so mehr 
verlangte ich zu hören. Sie 
sangen: „Salus honor, gloria Deo Patri Omnipotenti . . . Auctor 
saeculi, qui erat, qui est, qui venturus est iudicare vivos et mortuos in 
saecula saeculorum – Ehre, Ruhm und Herrlichkeit sei dem allmächtigen Gott . . . 
dem Urheber der Welt, der war und der ist und der kommen wird zu richten die 
Lebendigen und die Toten in alle Ewigkeit.“
Noch 
lauschte ich ganz entzückt auf diese himmlische Melodie, da erschien eine 
ungeheure Menge von Jungen, von denen ich sehr viele kannte, die im Oratorium 
oder in einer unserer Schulen gewesen waren. Der größte Teil war mir aber ganz 
unbekannt. Diese gewaltige Schar kam auf mich zu. An ihrer Spitze schritt 
Dominikus Savio und gleich hinter ihm kamen Don Alasonatti, Don Chiala, Don 
Giulitto und viele, viele andere Kleriker und Priester. Jeder von ihnen führte 
eine Schar Jungen.
Ich 
fragte mich: Schlafe ich oder bin ich wach? Ich klatschte in die Hände und 
schlug an meine Brust, um mich zu vergewissern, ob das Wirklichkeit war, was ich 
sah. Als die Menge mich erreicht hatte, blieben alle in einer Entfernung von 
acht oder zehn Metern stehen. Dann leuchtete ein noch lebhafteres Licht auf, die 
Musik verstummte. Es ward eine tiefe Stille. Die Jungen aber waren in sehr 
großer Freude. Ihre Augen strahlten und auf ihrem Antlitz sah man den Frieden 
einer vollkommenen Seligkeit. Sie sahen mich mit liebenswürdigem Lächeln an. Sie 
schienen sprechen zu wollen, taten es aber nicht.
Dominikus 
Savio allein kam noch einige Schritte näher und blieb dicht bei mir stehen. Wenn 
ich die Hand ausgestreckt hätte, würde ich ihn sicher berührt haben. Er schwieg 
und sah mich ebenfalls lächelnd an. Wie schön war er! Seine Kleider waren ganz 
prächtig. Eine schimmernd weiße Tunika, ganz mit Gold durchwirkt, reichte ihm 
bis auf die Füße hinab. Sie war mit Diamanten besetzt. Er trug einen breiten, 
roten Gürtel, der war mit kostbaren Edelsteinen so dicht besetzt, dass einer 
fast den andern berührte. Sie fügten sich zu einem wunderbaren Ornament von 
solcher Farbenpracht, dass ich bei ihrem Anblick vor Bewunderung schier außer 
mir geriet. Um den Hals trug er ein Geschmeide aus fremden, kunstvoll 
gearbeiteten Blumen. Wie es schien, waren die Blätter aus Diamanten auf goldenen 
Stengeln zusammengesetzt und so war die ganze Kette. Diese Blüten leuchteten in 
überirdischem Licht, das noch lebendiger war, als das Licht der Sonne, die in 
jenem Augenblicke gerade wie an einem schönen Frühlingsmorgen strahlte. In 
unbeschreiblicher Weise warfen die Blüten die Sonnenstrahlen auf sein blühendes, 
frisches Antlitz zurück, und es war ein Leuchten darauf von all dem 
ineinanderfließenden Licht. Auf dem Haupte trug er einen Kranz von Rosen. Sein 
lockiges Haar reichte bis auf die Schultern und machte ihn so schön, 
liebenswürdig und anziehend, dass er wie ein . . . wie ein . . . Engel 
aussah.“
Don 
Bosco rang sichtlich nach treffenden Ausdrücken, als er die letzten Worte sprach 
und er schloss mit einer unbeschreiblichen Geste und einem Tonfall, der alle 
erschütterte. Es war, als gäbe er seine Bemühungen auf, um angemessene Ausdrücke 
zu finden, das Geschaute verständlich zu machen. Nach einer kurzen Pause fuhr er 
fort:
„Auch 
alle anderen Gestalten strahlten. Sie waren verschieden gekleidet. Ich musste 
nur immer staunen. Einer trug mehr, ein anderer weniger reiche Kleider auf diese 
oder jene Weise. Bei dem einen herrschte diese Farbe vor, bei dem anderen jene 
und diese verschiedenen Gewänder hatten eine Bedeutung, die man nicht verstehen 
konnte. Aber alle trugen dasselbe rote Cingulum.
Ich 
beobachtete weiter und dachte. „Was soll das heißen? Wie bin ich an diesen Ort 
geraten?“
Ich 
wusste nicht, wo ich mich befand. Ich war außer mir und Zitterte vor lauter 
Ehrfurcht am ganzen Leibe. Ich wagte nicht, näher zu treten. Auch alle anderen 
schwiegen. Endlich öffnete Dominikus Savio den Mund und sagte. „Warum stehst du 
hier so stumm und wie vernichtet? Bist du nicht der Mann, der sich sonst vor 
nichts fürchtet, sondern unerschrocken den Verleumdungen, Verfolgungen, den 
Feinden, Ängsten und Gefahren aller Art die Stirne bietet? Wo ist dein Mut 
geblieben? Warum sprichst du nicht?“
Ich 
antwortete mühsam und fast stotternd: „Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Bist 
du vielleicht Dominikus Savio?“ – „Jawohl, kennst du mich nicht mehr?“ – „Wie 
kommt es, dass du hier bist?“ fragte ich, noch immer ganz verwirrt. Savio 
antwortete zärtlich: „Ich bin gekommen, um mit dir zu sprechen. Wie oft haben 
wir auf Erden miteinander gesprochen! Denkst du nicht mehr daran, wie sehr du 
mich einmal geliebt hast? Wie viele Zeichen der Freundschaft und deines 
Wohlwollens hast du mir gegeben! Und habe ich deiner herzlichen Liebe zu mir 
vielleicht nicht entsprochen? Was für ein großes Vertrauen hatte ich zu dir! 
Warum bist du so erschreckt? Nun kannst du mich etwas fragen!“
Da 
fasste ich Mut und sagte. „Ich zittere, weil ich nicht weiß, wo ich bin.“
„Du 
bist am Orte der Seligkeit, wo man alle Freuden, alle Köstlichkeiten genießt“, 
antwortete Savio. – „Ist dies vielleicht der Lohn für die Gerechten?“ – „Oh, 
nein, hier sind wir an einem Ort, wo man keine ewigen Freuden hat, sondern nur 
erst zeitliche Genüsse und Güter genießt, obwohl diese hier schon groß 
sind.“
„Sind 
denn alle diese Dinge noch natürlich?“
„Ja, 
aber von der Allmacht Gottes prächtiger gestaltet.“
„Mir 
kam es so vor“, rief ich aus, „als wäre dies das Paradies!“
„Nein, 
nein, nein!“ antwortete Savio. „Kein sterbliches Auge kann die ewigen 
Schönheiten betrachten.“ – „Und die Musik“, fuhr ich fort, „sind das die Weisen, 
woran ihr euch im Paradies erfreut?“
„Nein, 
nein, keineswegs!“
„Sind 
es natürliche Klänge?“
„Ja, 
es sind natürliche Weisen, die von der Allmacht Gottes vervollkommnet 
sind.“
„Und 
dieses Licht, das noch herrlicher ist als das Licht der Sonne, ist das 
vielleicht übernatürlich? Ist es das Licht des Paradieses?“
„Es 
ist natürlich, jedoch hat die göttliche Allmacht es belebt und 
vervollkommnet.“
„Könnte 
man nicht einmal ein wenig von dem übernatürlichen Licht sehen?“
„Nein, 
das kann keiner sehen, ehe er dazu gekommen ist, Gott zu schauen wie er ist. Der 
kleinste Strahl dieses Lichtes würde den Menschen auf der Stelle töten; denn für 
die menschlichen Sinne ist er unerträglich.“
„Gibt 
es auch noch ein natürliches Licht, das noch schöner ist als dieses?“
„Oh, 
wenn du wüsstest! Wenn du nur einen Strahl des natürlichen Lichtes, das über 
diesem steht, sähest, würdest du außer dich geraten.“
„Könnte 
man denn nicht einmal wenigstens einen Strahl davon sehen?“
„Schon; 
du sollst eine Kostprobe haben von dem, was ich sage. Mach die Augen auf!“
„Die 
habe ich doch offen“, antwortete ich.
„Pass 
auf und sieh hinten in das Kristallmeer!“
Ich 
schaute hinein und sogleich erschien unversehens am Himmel in einer unendlichen 
Entfernung ein augenblicklicher Lichtstreifen dünn wie ein Faden; aber so 
glänzend, so durchdringend, dass meine Augen ihn nicht ertragen konnten. Ich 
schloss sie und stieß einen solchen Schrei aus, dass ich Don Lemoyne – der hier 
zugegen ist und im Zimmer nebenan schlief —, aufweckte. Ganz erschrocken fragte 
er am Morgen, was mir in der Nacht passiert sei, da ich so bewegt gewesen wäre. 
Dieser Lichtstreifen war hundert millionenmal heller als drei Sonnen, und sein 
Glanz würde genügt haben, um das ganze erschaffene Universum zu erleuchten. Nach 
einigen Augenblicken öffnete ich die Augen und fragte Savio. „Was ist das? Ist 
das nicht vielleicht ein Strahl von dem göttlichen Licht?“ Savio antwortete: „Es 
ist kein übernatürliches Licht, obwohl es viel mehr leuchtet als das Licht der 
Welt. Das ist nichts anderes als ein natürliches Licht, das durch die Allmacht 
Gottes auf solche Weise lebendiger gemacht wurde. Wenn die ganze Welt eine 
gewaltige Lichtzone wäre, leuchtend, wie der Streifen, den du eben dort hinten 
gesehen hast, würde sie dir noch keine Vorstellung von dem Lichtglanz des 
Paradieses vermitteln.“
„Und 
ihr, an was erfreut ihr euch denn im Paradiese?“
„Ja 
. . . das kann ich dir nicht sagen. Die Freuden des Paradieses kann kein 
Sterblicher verstehen, solange er das Leben nicht verlassen hat und mit seinem 
Schöpfer wiedervereinigt wurde. Man erfreut sich an Gott. Damit ist alles 
gesagt.“
Indessen 
hatte ich mich gänzlich von meiner ersten Verwirrung erholt und war ganz 
vertieft, die Schönheit Dominikus Savios zu betrachten. Ich fragte ihn frei 
heraus. „Warum hast du ein solch weißes, leuchtendes Kleid?“
Savio 
schwieg und schien auch nicht sprechen zu wollen. Dann sagte der Chor 
vielstimmig, begleitet vom Klang aller Instrumente: ‚Ipsi habuerunt lumbos 
praecinctos et dealbaverunt stolas suas in sanguine Agni. – Sie haben ihre 
Lenden umgürtet und ihre Gewänder weiß gewaschen im Blute des Lammes.'
Als 
die Musik schwieg, fragte ich: „Und warum trägst du den roten Gürtel um deine 
Lenden?“
Savio 
antwortete auch dieses Mal nicht und schien nicht sprechen zu wollen.
Da 
fing Don Alasonatti allein an zu singen: ‚Virgines enim sunt et sequuntur Agnum 
quocumque ierit – Sie sind unschuldig und folgen dem Lamme wo immer es 
geht.‘
Da 
verstand ich, dass der rote Gürtel in der Farbe des Blutes ein Symbol für die 
großen Opfer, für die gewaltigen, fast ans Martyrium grenzenden Anstrengungen 
waren, die jener auf sich genommen hatte, um die Tugend der Reinheit zu 
bewahren. Um keusch zu bleiben vor dem Angesichte Gottes, wäre er auch bereit 
gewesen, sein Leben hinzugeben, wenn die Umstände es erfordert hätten. Der 
Gürtel war auch ein Symbol der Buße, die die Seele von Schuld reinigt. Das 
weiße, leuchtende Kleid bedeutete die unversehrt bewahrte Taufunschuld. Der 
Gesang zog mich an und während ich all die Reihen und Scharen betrachtete, die 
hinter Dominikus Savio waren, fragte ich ihn. „Wen hast du alles in deiner 
Begleitung?“ Und die anderen fragte ich. „Wie kommt es, dass ihr alle so 
glänzt?“ Savio schwieg weiter und die Jungen sangen: ‚Hi sunt sicut Angeli Dei 
in coelo. – Sie sind wie die Engel Gottes im Himmel.‘
Indessen 
bemerkte ich, dass Savio einen Vorrang vor der Menge hatte, die ihm in 
ehrfurchtsvoller Entfernung von etwa zehn Schritten folgte.
„Sag 
mir, Savio, du bist der jüngste von den vielen, die dir folgen und von denen, 
die in unseren Häusern starben. Warum gehst du also vor ihnen her und führst sie 
an? Warum sprichst du und die übrigen schweigen?“
„Ich 
bin älter als sie alle.“
„Aber 
nein“, erwiderte ich, „viele andere sind weit älter an Jahren als du!“
„Ich 
bin der Älteste aus dem Oratorium“, sagte Dominikus Savio noch einmal; „denn ich 
bin der erste gewesen, der die Welt verlassen hat und in das andere Leben 
eingegangen ist. Im übrigen legatione Dei fungor!“ (Ich fungiere als Gesandter 
Gottes!)
Diese 
Antwort deutete mir den Sinn jener Erscheinung an. Er kam als der Gesandte 
Gottes. „Nun gut“, sagte ich, „sprechen wir von den Dingen, die für uns jetzt 
die wichtigsten sind.“
„Ja 
frag mich schnell, was du wissen willst. Die Stunden verrinnen und die Zeit, die 
mir gewährt ist, um mit dir zu sprechen, könnte enden und dann sähest du mich 
nicht mehr.“
„Ich 
glaube, dass du mir etwas von höchster Wichtigkeit mitzuteilen hast.“
„Was 
soll ich armes Geschöpf dir sagen“, antwortete Savio in höchster Demut. „Von 
Gott bin ich gesandt, um mit dir zu sprechen. Darum bin ich gekommen.“
„Dann“, 
rief ich aus, „sprich mit mir über die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft 
unseres Oratoriums. Sag mir etwas über meine herzlieben Jungen. Sprich mit mir 
über meine Kongregation!“
„Über 
letztere könnte ich dir viel sagen.“
„Offenbare 
mir also, was du weißt. Sag mir etwas über die Vergangenheit!“
Er 
sagte: „Die Vergangenheit ist ganz deine Sache.“
Und 
ich: „Habe ich wohl auch das Meine getan?“
Savio. 
„Was die Vergangenheit angeht, sage ich dir, dass deine Kongregation schon viel 
Gutes erreicht hat. Siehst du dort unten die zahllosen Jungen?“
„Ich 
sehe sie“, antwortete ich. „Oh, wie viele und wie glücklich sind sie!“
Und 
er: „Sieh, was steht über dem Eingang zu jenem Garten geschrieben?“ „Ich sehe, 
es steht dort geschrieben: „Salesianischer Garten.“
„Nun 
gut“, fuhr Savio fort, „das waren alles Salesianer, oder sie wurden bei dir 
erzogen oder hatten irgendeine Beziehung zu dir. Sie sind durch dich gerettet 
oder von deinen Priestern und Klerikern oder von anderen Menschen, die ihnen von 
dir auf dem Weg ihrer Berufung gestellt worden sind. Zähl sie, wenn du kannst! 
Aber sie wären hundert Millionen zahlreicher gewesen, wenn du größeren Glauben 
und mehr Vertrauen auf den Herrn gehabt hättest.“
Da 
seufzte ich schmerzlich auf. Ich wusste nicht, was ich auf diesen Vorwurf 
antworten sollte und nahm mir vor: von jetzt ab werde ich mich bemühen, diesen 
Glauben und dieses Vertrauen zu haben. Dann fragte ich: „Und was ist mit der 
Gegenwart?“
Savio 
zeigte mir einen prächtigen Blumenstrauß, den er in den Händen hielt. Es waren 
Rosen, Veilchen, Sonnenblumen; es gab Enzian, Lilien, Efeu oder Immortellen und 
mitten in den Blumen waren Weizenähren. Savio hielt mir den Strauß hin und 
sagte: „Sieh genau her!“
Ich 
antwortete: „Ich sehe . . . aber begreife nichts.“
„Gib 
den Strauß deinen Söhnen, damit sie ihn dem Herrn überreichen können, wenn die 
Zeit gekommen ist. Sorge dafür, dass alle diese Blumen haben, die keinem 
genommen sind, die niemandem genommen werden. Wenn sie aber diesen Blumenstrauß 
besitzen, so genügt das, um glücklich zu sein.“
„Aber 
was soll dieser Strauß bedeuten?“
„Nimm 
die Theologie zu Hilfe!“ antwortete er. „Sie wird es dir sagen und 
erklären!“
Und 
ich: „Theologie habe ich studiert, aber ich wüsste nicht, wie ich daraus 
entnehmen könnte, was du mir zeigst.“
Savio: 
„Du bist streng verpflichtet, diese Dinge zu wissen!“
„Nun, 
dann hilf mir aus der Verlegenheit. Gib mir die Erklärung!“
Savio: 
„Siehst du diese Blumen? Sie stellen die Tugenden dar, die dem Herrn am meisten 
gefallen.“
„Und 
welche sind es?“
Savio: 
„Die Rose bedeutet die Liebe, das Veilchen die Demut, die Sonnenblume den 
Gehorsam, der Enzian die Buße und Abtötung, die Ähren die häufige Kommunion; die 
Lilie ist das Symbol der Tugend, von welcher geschrieben steht: Erunt sicut 
Angeli Dei in caelo – Sie werden wie die Engel Gottes im Himmel sein: die 
Keuschheit. Und der Efeu oder die Immortellen wollen sagen, dass alle diese 
Tugenden immer da sein müssen. Sie bezeichnen die Beharrlichkeit.“
„Nun 
gut, mein lieber Savio!“ sagte ich. „Nun sag mir einmal, du hast diese Tugenden 
in deinem Leben geübt. Was tröstete dich bei deinem Sterben am meisten?“
„Was 
meinst du, was das gewesen sein könnte?“ erwiderte er.
„Vielleicht 
die schöne Tugend der Reinheit bewahrt zu haben?“
„Oh 
nein, das nicht allein.“
„Vielleicht 
die Freude eines ruhigen Gewissens?“
„Das 
ist schon etwas Gutes; aber es gibt noch Besseres.“
„Half 
dir vielleicht die Hoffnung auf das Paradies?“
„Auch 
nicht.“
„Dann 
wird es wohl der Schatz deiner vielen guten Werke sein?“
„Nein, 
nein.“
„Ja, 
was gab dir denn in deiner letzten Stunde die Kraft?“ so fragte und bat ich ihn, 
ganz verlegen, weil ich seine Gedanken nicht erraten konnte.
Und 
Savio: „Sieh das, was mich im Sterben am meisten stärkte, war die Hilfe der 
machtvollen Mutter des Erlösers! Sag das nur all deinen Söhnen. Sie sollen nicht 
vergessen zu ihr zu beten, solange sie leben. Aber mach schnell, wenn du willst, 
dass ich dir noch etwas beantworten soll!“
„Und 
was sagst du von der Zukunft?“
„In 
der Zukunft, im kommenden Jahr 1877 wirst du einen großen Schmerz zu ertragen 
haben. Sechs und noch zwei von denen, die dir die Liebsten sind, werden von Gott 
in die Ewigkeit abberufen werden. Aber tröste dich: sie werden aus dem Feld 
dieser Welt umgepflanzt werden in die Gärten des Paradieses. Sie werden gekrönt. 
Mach dir keine Sorgen; der Herr wird dir helfen und dir andere gute Söhne 
geben!“
„Geduld! 
Und was wird mit der Kongregation?“
„Was 
die Kongregation angeht, so mögest du wissen, dass Gott dir große Dinge 
vorbereitet. Für sie wird im kommenden Jahre eine Morgenröte des Ruhmes 
aufgehen, und zwar so glänzend, dass sie wie ein Blitz die vier 
Himmelsrichtungen der Welt erleuchten wird vom Osten bis zum Westen, vom Süden 
bis zum Norden. Große Ehre ist für sie bereitet. Aber sorge du, dass der Wagen, 
auf dem der Herr steht, nicht von den Deinen aus dem Geleise und vom Wege 
abgezogen wird. Wenn deine Priester ihn aber gut führen und ihrer hohen Berufung 
würdig sind, wird die Zukunft stets glänzend sein und einer Unmenge Menschen 
Heil bringen; jedoch unter einer Bedingung: dass deine Söhne treue 
Marienverehrer sind und die Tugend der Keuschheit, die in den Augen Gottes 
soviel wert ist, zu bewahren wissen, auch im ganzen Hause.“
„Nun 
möchte ich noch“, fragte ich weiter, „dass du mir etwas über die Kirche im 
allgemeinen sagst.“
„Das 
Schicksal der Kirche liegt in der Hand Gottes, in der Hand des Schöpfers. Was in 
seinen unendlichen Plänen beschlossen ist, kann ich dir nicht enthüllen. Kein 
erschaffener Geist kann an solchen Geheimnissen teilhaben, die Gott sich allein 
vorbehält.“
„Und 
was wird mit Pius IX.?“
„Was 
ich dir sagen kann, ist, dass der Hirt nicht mehr lange auf Erden zu kämpfen 
haben wird. Er braucht nur noch wenige Schlachten zu gewinnen. Binnen kurzem 
wird er von seinem Thron hinweggenommen, und der Herr wird ihm den verdienten 
Lohn geben. Das übrige ist bekannt. Die Kirche wird nicht untergehen. Hast du 
noch etwas zu fragen?“
„Und 
was wird mit mir?“ fragte ich ihn.
„Oh, 
wenn du wüsstest, durch welche Dinge du noch hindurch musst. Aber beeile dich, 
ich darf nicht mehr lange mit dir sprechen.“
Da 
streckte ich voller Verlangen die Hände aus, um den heiligen Jungen 
festzuhalten; aber seine Hände schienen aus Luft zu sein und ich bekam nichts zu 
fassen.
„Na, 
was machst du denn jetzt?“ sagte Savio lächelnd.
„Ich 
habe Angst, dass du mir entfliehst!“ rief ich aus. „Aber bist du denn nicht mit 
dem Leibe hier?“
„Nein, 
mit dem Leibe nicht. Den nehme ich erst später wieder an.“
„Aber 
was ist denn das, was ich da vor mir habe? Ich sehe tatsächlich in dir die 
Gestalt des Dominikus Savio.“
„Sieh“, 
sagte er, „wenn die Seele vom Leibe getrennt ist und sich mit Gottes Erlaubnis 
irgendeinem Sterblichen zeigt, behält sie ihre Form und äußere Erscheinung mit 
allen Eigenheiten desselben Leibes bei, wie sie auf Erden lebte und so, obgleich 
viel schöner, bleibt sie, bis sie am Tage des allgemeinen Gerichtes wieder mit 
dem Leib vereinigt wird. Dann nimmt sie ihn mit sich ins Paradies. Darum kommt 
es dir so vor, als hätte ich Kopf, Hände und Füße; aber festhalten könntest du 
mich nicht, weil ich schier Geist bin. An dieser äußeren Form kannst du mich 
erkennen.“
„Ich 
habe verstanden“, sagte ich. „Hör mal, noch eine Antwort. Sind meine Jungen alle 
auf dem rechten Weg, dass sie sich retten? Sag mir etwas, damit ich sie gut 
leiten kann.“
„Die 
Söhne, welche die göttliche Vorsehung dir anvertraut hat, lassen sich in drei 
Gruppen einteilen. Siehst du diese drei Listen?“ – dabei reichte er mir eine —. 
„Schau sie an!“
Ich 
sah auf dem ersten Verzeichnis Invulnerati (= die Unverwundbaren) geschrieben. 
Das waren die, die der Dämon nicht verwunden konnte, die ihre Unschuld nicht 
befleckt haben. Diese Unverletzten waren in großer Zahl und ich sah sie alle. 
Viele von ihnen kannte ich schon. Viele sah ich aber zum ersten Male. Diese 
kommen wahrscheinlich in den nächsten Jahren zum Oratorium. Sie gingen gerade 
auf ihrem steilen Wege voran, obwohl fortwährend von allen Seiten mit Pfeilen, 
Schwerthieben und Lanzen auf sie gezielt und geschlagen wurde. Diese Waffen 
waren wie eine Hecke zu beiden Seiten ihres Weges. Sie wurden davon bekämpft, 
behindert, aber nicht verwundet.
Dann 
gab mir Savio eine weitere Liste mit der Aufschrift: Vulnerati (= die 
Verwundeten). Das sind die, welche in Ungnade Gottes gewesen sind, aber nun 
wieder auf den Füßen stehen, ihre Wunden durch Reue und Beichte geheilt haben. 
Sie waren in größerer Zahl als die vorigen. Sie hatten auf ihrem Lebenswege 
durch die Hecke der Feinde Wunden davongetragen. Ich las ihre Namen und sah sie 
alle. Viele gingen sehr gebückt und entmutigt.
Das 
dritte Verzeichnis hielt Savio noch in der Hand. Die Aufschrift lautete: Lassati 
in via iniquitatis (= die auf dem Weg der Sünde verblieben sind). Da standen die 
Namen aller geschrieben, die sich in der Ungnade Gottes befinden. Ich war 
begierig, dieses Geheimnis zu erfahren und streckte die Hand aus. Aber Savio 
sagte mit großer Lebhaftigkeit: „Nein, warte einen Augenblick und höre zu! Wenn 
du dieses Blatt auseinanderfaltest, wird daraus ein solcher Gestank kommen, den 
weder ich noch du vertragen können. Sogar die Engel ziehen sich davor erschreckt 
zurück, und es wird ihnen übel und selbst der Heilige Geist empfindet Ekel vor 
dem abscheulichen Gestank der Sünde.“
„Wie 
ist denn das möglich“, entgegnete ich, „da Gott und die Engel doch nicht leiden 
können? Wie können sie so den Geruch der Materie empfinden?“
„Ja, 
das ist so; je mehr die Geschöpfe gut und rein sind, um so mehr nähern sie sich 
den himmlischen Geistern; je mehr aber einer schlecht, verdorben und schmutzig 
ist, um so mehr entfernt er sich von Gott und den Engeln, die sich von ihm 
zurückziehen, da der Betreffende für sie ein Gegenstand des Ekels und Abscheus 
geworden ist.“ Darauf gab er mir das Verzeichnis und sagte: „Nimm nur, öffne es 
und zieh Nutzen daraus für deine Jungen. Aber denk immer an den Blumenstrauß, 
den ich dir gegeben habe. Sorge dafür, dass alle ihn haben und bewahren!“
Als 
er dies gesagt und mir die Liste gegeben hatte, ging er zu seinen Gefährten 
zurück. Es war fast, als ob er die Flucht ergriffe.
Ich 
öffnete das Verzeichnis. Ich sah keinen Namen, aber augenblicklich standen mir 
alle die einzelnen Jungen vor Augen, die in der Liste verzeichnet waren und zwar 
so lebendig, als ständen sie wirklich vor mir. Ich sah sie alle mit 
schmerzlicher Trauer. Die meisten kannte ich. Sie gehörten zum Oratorium oder zu 
den übrigen Schulen. Viele sah ich auch darunter, die inmitten ihrer Kameraden 
als gut gelten; einige sogar, die zu den besten zu gehören scheinen, aber nicht 
so sind. Als ich jedoch das Papier auseinanderfaltete, strömte ein 
unerträglicher Gestank daraus hervor. Sofort befielen mich sehr heftige 
Kopfschmerzen und ein solcher Brechreiz, dass ich davon zu sterben fürchtete. 
Indessen wurde es dunkel und dabei verschwand die Vision und ich sah nichts mehr 
von dem wunderbaren Schauspiel. Gleichzeitig flammte ein Blitz auf und es 
donnerte so stark und furchtbar, dass ich ganz erschrocken aufwachte. –
Jener Geruch jedoch drang in alle Wände ein und sickerte in die 
Kleidungsstücke, so dass es mir war, als röche ich viele Tage später noch den 
Pesthauch. So übel ist in den Augen Gottes also schon der Name des Lasterhaften. 
Auch jetzt, wo ich mir kaum jenen Gestank ins Gedächtnis zurückrufe, überläuft 
es mich kalt. Ich meine, ich müßte ersticken. Dort in Lanzo, wo ich mich befand, 
fing ich an, den einen und anderen zu befragen. Einige Jungen habe ich gewarnt 
und ich habe gefunden, dass dieser Traum mich nicht getäuscht hat. Daher ist er 
eine Gnade des Herrn, der mich den Seelenzustand eines jeden erkennen ließ. Doch 
werde ich nichts davon in der Öffentlichkeit verlauten lassen. Nun wäre noch 
vieles zu erklären. Das hebe ich mir aber für einen anderen Abend auf. Jetzt 
brauche ich euch nur noch eine gute Nacht zu 
wünschen.“ 
*** 
Dass 
Don Bosco im Traum gewisse Jungen als schlecht gezeigt wurden, die sonst als die 
besten des Hauses galten, hatte in Don Bosco den Verdacht erweckt, dass es sich 
um eine Täuschung handle. Daher hatte er sich vorher einige zu sich kommen 
lassen ‚ad audiendum verbum‘ (= um sie anzuhören).
Er 
wollte sich über die Natur des Traumes erst richtige Klarheit verschaffen. Aus 
demselben Grund schob er die Erzählung des Traumes um 14 Tage hinaus. Als er 
aber sicher war, dass die Sache von Gott kam, dann sprach er.
„Weitere Bestätigungen würde die Zeit noch bringen, wenn die gehörten 
Vorhersagen in Erfüllung gingen.“(Lem. XII, 595). 
*** 
Die erste Vorhersage – und das war auch die wichtigste – betraf die Zahl 
der lieben Söhne, die im Jahre 1877 sterben würden. Sie war in zwei Gruppen 
aufgeteilt: 6 und 2. Die Verzeichnisse des Oratoriums tragen nun ein Kreuz, das 
übliche Zeichen des Todes neben den Namen der 6 Jungen und 2 Kleriker. (Lem. 
XII, 596). 
*** 
In Borgo Dora hörte ein Polizeibeamter von dieser Prophezeiung. Er paßte 
das ganze Jahr 1877 auf, ob sie sich erfüllen würde. Schon war der letzte Tag 
des Jahres angebrochen, da traf die Nachricht über den 8. Todesfall ein. Nun 
sagte der Beamte der Welt „Lebewohl“ und wurde Salesianer. Es war der spätere 
Don Angelo Piccono. (Lem. XII, 596). 
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Der 
Ruhm der Salesianischen Gesellschaft wurde verbreitet durch den Verein der 
‚Salesianischen Mitarbeiter', der 1876 von Papst Pius IX. bestätigt war, sowie 
durch die ‚Salesianischen Nachrichten', die 1877 gegründet wurden.
Papst 
Pius IX. starb 14 Monate nach dieser Vision. Don Bosco hatte noch 11 Jahre und 2 
Monate zu leben und auch noch viele Kämpfe, Mühen und Opfer auf sich zu nehmen 
bis zum letzten Atemzuge.
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